Die engagierten Helfer der Lehrer

06.03.2015

Burghausen. Als Helmut Hollfelder den Klassenraum betritt ist es, als bräche ein Sturm los. 25 Kinder skandieren im Sprechchor "Helmut, Helmut", manche hält es vor Begeisterung kaum mehr auf ihren Plätzen. Die Klassenlehrerin der 3b an der Hans-Kammerer-Grundschule, Maria Kessler, hat Mühe, ihre Schützlinge wieder zu beruhigen. Sofort stürzen sich einige auf Hollfelder, zeigen Hefte, erzählen drauflos. Helmut ist Klassenpate. Er hilft in seiner Freizeit ehrenamtlich an der Grundschule aus. Einmal in der Woche kommt er in die 3b: als Hilfslehrer, als offenes Ohr, als Freund für die Kinder. Das macht er mittlerweile seit drei Jahren.

Sechs Schulpaten sind im Einsatz. Der Kinderschutzbund Burghausen-Altötting hat das Schulpaten-Projekt vor etwa drei Jahren ins Leben gerufen. Sechs Ehrenamtliche sind derzeit in Burghauser Grundschulen im Einsatz, vier davon an der Hans-Kammerer-Grundschule. "Wir werden da eingesetzt, wo man uns braucht", sagt Hollfelder. Das Wort "Problemklasse" hört er nicht gern, aber einen wahren Kern hat es: Wo die Klasse schwer zu handhaben ist und es eine breite Schere im Bildungsniveau der Schüler gibt, da sind die Klassenpaten im Einsatz. Das heißt nicht, dass die Kinder frech wären oder nicht intelligent genug. Doch große Klassen beherbergen viele Kinder. Und wer mit vielen Kindern arbeitet, muss sich mit mehr Problemen befassen. Das können zum Beispiel Kinder mit Migrationshintergrund sein, junge Flüchtlinge, die viel erlebt haben. Doch Helmut Hollfelder weigert sich, das als pauschales Problem zu sehen: "Kinder, die den ganzen Tag allein sind, haben es auch nicht leicht", gibt er zu bedenken. "Bei vielen Problemen ist es völlig egal, ob die Kinder deutscher Herkunft sind oder nicht."

Im Berufsleben war Hollfelder Chemiker bei Wacker, mittlerweile ist er im Ruhestand. "Ich habe im Berufsleben immer wieder Fortbildungen geleitet, viel mit Menschen zu tun gehabt", erzählt er. Vom Arbeiter bis zum hohen Tier hat er alle Facetten kennengelernt, mit ihnen Gespräche geführt, Lösungswege gesucht. "Man lernt da so seine psychologischen Tricks", sagt er lächelnd. Heute hilft ihm das. "Als Klassenpate sollte man Erfahrung im Umgang mit Menschen haben", erklärt er. "Und Geduld. Geduld ist das Allerwichtigste."

In der Klasse hat Hollfelder schon seine "Stammkinder", von denen er weiß, dass sie oft Hilfe brauchen. "Darf ich mich setzen?", fragt er freundlich zwei acht- und neunjährige Jungen, die in der letzten Reihe sitzen. "Es ist wichtig, den Kindern auf Augenhöhe zu begegnen. Ihnen von oben herab etwas zu erklären oder ihnen Hilfe aufzudrängen, bringt gar nichts", erklärt der 63-Jährige seine Vorgehensweise. Und tatsächlich: Ablehnung erfährt Hollfelder nur selten. Begeistert drehen sich die Jungen zu ihm um und beginnen sofort, ihre Probleme zu schildern und mit ihrem Schulpaten ihre Rechenaufgaben auf Fehler zu überprüfen. Von einem Schüler zum anderen wandert der 63-Jährige, findet Fehler, gibt Tipps. Manchmal richtet er auch nur ein freundliches Wort an einen Schüler: "Bei dir alles okay?", fragt er ein blondes Mädchen. Im regulären Schulunterricht wirkt Hollfelder ein bisschen wie der gute Engel der Klasse. Natürlich ist er auf seiner Position auch im Vorteil: Im Gegensatz zur Klassenlehrerin kann er sich auch mal auf einzelne Schüler konzentrieren, muss nicht dauernd das große Ganze im Blick haben. Das schafft Vertrauen – und unterstützt die Lehrkraft. "Ich bin froh, dass wir Herrn Hollfelder haben", sagt Maria Kessler. "Er ist für mich eine große Hilfe und Entlastung."

Oft geht Hollfelder auch mit einzelnen Gruppen vor den Klassenraum. Dort stehen ein Tisch und ein paar Stühle. Nicht nur schwächeren Schülern wird hier geholfen, auch die Klassenbesten bekommen ihre Viertelstunde allein mit dem Klassenpaten – "zum Knobeln beispielsweise", erklärt er.

Hollfelder ist nicht nur für den Schulstoff zuständig. Er greift ein bei Streit, bei Handgreiflichkeiten oder wenn es manchen Schülern offensichtlich einfach nicht gut geht. In einer solchen Situation hatte der 63-Jährige auch seinen bislang schönsten Moment als Schulpate.

Reden allein hilft manchmal schon "Da war vor einiger Zeit mal ein Schüler, der schaute immer so traurig. Ich habe mich dann mit ihm länger unterhalten, bis er mir verraten hat, dass er sich morgens immer so traurig fühle und nicht wisse, wieso. Da schrillen bei mir natürlich sämtliche Alarmglocken." Mit Einverständnis des Kindes hat er das an die Klassenleitung weitergegeben. "Ich weiß nicht, was passiert ist, aber nach ein paar Wochen ging es dem Kind deutlich besser, es sah wieder fröhlicher aus", sagt Hollfelder. So einfach kann ein Problem manchmal gelöst werden: durch Reden und Zuhören. − leh

Der Kinderschutzbund Burghausen-Altötting sucht nach wie vor dringend Schulpaten. Interessierte können sich bei Anita Allmannsberger unter 08677 63338 informieren.
Quelle: Burghauser Anzeiger


Auch bei guten Schülern ist Helmut Hollfelder manchmal gefragt. Alle Kinder sollten die gleiche Aufmerksamkeit bekommen, das ist dem Schulpaten wichtig.